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Marketing macht noch keinen Gastgeber

Ende der 90er Jahre beförderten sich Marketing-Spezialisten mit vielversprechenden Titeln zum Vice President oder Chief Marketing Officer. Der Beginn einer folgenschweren Entwicklung zur Oberflächlichkeit: Eine bunt-schillernde Marketing-Strategie ist für manchen Corporate Hotelier wichtiger als wahre Gastfreundschaft. Nur wird die Rechnung ohne den Gast ausgestellt. Die Werte des Reisenden sind andere als die, die uns halbwissende Hobby-Philosophen mit ihren leeren Marketing-Phrasen verkaufen. Am Ende geht es darum, dass der Gast im Mittelpunkt und nicht im Weg steht.

Wenn sich die Mitarbeiter neumodernen Slogans unterwerfen und die Gäste keine klare Philosophie des Hauses erkennen, schafft das einen Wertverlust. Individualität, Herzlichkeit und Persönlichkeit werden von den selbst ernannten Marketing-Consultants in dunkle Kellergewölbe verbannt. Vergleichen der eigenen Leistung mit anderen wäre gestrig, gar unanständig. Überholt und linear seien alte Prozesse, die über Jahrhunderte Gäste begeisterten. Stattdessen sollen Hoteliers nun einen künstlich erzeugten, „rebellious Lifestyle“ aufbauen und „lokale Energy“ nutzen. Hybrid versteht sich. Diversity avanciert zur Haut-Couture der Hotellerie. Agiles Handeln ist das neue Prêt-à-Porter. Doch wer genau soll agiler werden – der Gast, die Mitarbeiter oder gar alle zusammen? Wer sich an halbgare Konzepte klammert, hat den wahren Luxus nicht verstanden.

Die besten Hotels zeigen seit Jahrzehnten, wie Luxus funktioniert: Sie engagieren keine Spezialisten, die Mittelmäßigkeit mit Worten aufplustern. Sie sind von sich aus Legenden mit authentisch gelebten Geschichten und müssen ihre Hotelkonzepte nicht erst als „legendary, agile, futuristic“ ausrufen, um zu neuen Horizonten aufzubrechen. Die Luxus-Hotellerie ist und bleibt ein ehrliches Geschäft, wenn man sich auf das konzentriert, was der Gast will: Den Luxus und die Dienstleistung, die zu ihm passt, zum perfekten Zeitpunkt und in einer exzellenten Art und Weise. Ganz ohne Marketing-Haschisch.

Übrigens: Alles was gemessen wird, wird verbessert – und nur was gemessen wird, wird verbessert.

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