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Schau mir in die Augen – aber bitte persönlich! Ein Plädoyer für Dienstreisen

Zahlreiche Unternehmen haben angekündigt, Dienstreisen nach der Pandemie deutlich zu reduzieren. Doch persönliche Beziehungen entstehen kaum über den Bildschirm. Die Unternehmen würden sich durch den Verzicht selbst sabotieren.

Reisebeschränkungen, Lockdowns, Ausgangssperren – aufgrund der Pandemie fanden Dienstreisen in den vergangenen Monaten sehr limitiert statt. Homeoffice und das damit einhergehende Aufforderungen zu „stay-at-home“ gelten eben auch für Meetings mit Geschäftskontakten. Sicher fördern virtuelle Konversationen einen persönlicheren Kontakt besser als ein schlichtes Telefonat. Denn auch per Video zeigen Mimik und Gestik des Gegenübers, ob etwa das unterbreitete Angebot nun zu hoch oder zu niedrig angesetzt ist. Eine Unart, die online immer wieder den Gesprächsfluss unterbricht, sind plötzlich ausgeschaltete Kameras. Zufall oder Absicht? In jedem Fall störend. In einem persönlichen Meeting verlässt doch im Normalfall auch niemand plötzlich den Konferenzraum.

Haben Sie wirklich das Gefühl, mit virtuellen Meetings echtes Vertrauen zu ihrem Kunden aufzubauen und Ihre Geschäftsbeziehungen auf ein neues Level heben zu können? In meinen Erfahrungen suggerieren Onlinemeetings im besten Fall ein Quäntchen Nähe. Treffen durch eine Mattscheibe hindurch ersetzen jedoch keineswegs den persönlichen Kontakt.

Deutsche Großkonzerne wollen Dienstreisen teils drastisch reduzieren

Die Arbeitswelt entwickelt sich derzeit in eine andere Richtung: Deutsche Großkonzerne wollen Dienstreisen um bis zu 50 Prozent reduzieren und schränken reale Kontakte zu Partnern somit massiv ein. Für die Kollegen beim Versicherer Allianz, Bayer oder auch Deutsche Wohnen gibt es dann künftig weiterhin selbst aufgebrühten Kaffee statt Tomatensaft, den heimischen Schreibtisch statt Businessclass. Reisen zu Geschäftszwecken scheinen nur noch den ranghöheren Kollegen vorbehalten zu sein. Ein Hoch auf das althergebrachte Hierarchiedenken.

Sicher ist die Reiseplanung derzeit eine Herausforderung an sich und kostet Zeit und Nerven. Doch spätestens nach der akuten Pandemiezeit verschwinden diese Hürden wieder. Davon wollen die Unternehmen nichts hören. Sie reglementieren lieber die Freiheiten und mittelfristig auch die Flexibilität Ihrer Mitarbeiter und verbannen sie zurück an den Schreibtisch. Letztendlich sabotieren sie somit ihren eigenen Unternehmenserfolg.

Reisen darf wieder bedeutsamer werden, keine Frage. Doch sehe ich die Entwicklung, dass aktuell lediglich die Meilenkonten aufgebraucht werden, mit großer Skepsis. Denn die eigentlichen Reisegründe – die langfristige Beziehungspflege und der daraus resultierende Unternehmensausbau – geraten so langfristig in den Hintergrund.

Herzlichkeit und Engagement entstehen kaum am Bildschirm

Der Erfolg eines Unternehmens fußt auf diversen Säulen. Eine ganz elementare ist dabei die Beziehung von Mensch zu Mensch. Herzlichkeit und Engagement lassen sich schwerlich über einen Bildschirm vermitteln. Echte Nähe entsteht durch gelebte, ungezwungene Nähe. Nicht umsonst sind die Kaffeeküchen die wichtigsten Meetingräume im Unternehmen. Im lockeren Gespräch entstehen häufig Ideen, ganz spontan und oft unkonventionell. Ähnlich ist es bei Geschäftstreffen. Neue Kooperationsansätze und Kreativität entstehen häufig erst nach dem offiziellen Part, zum Beispiel bei einem ungezwungenen Geschäftsessen.

Echte Kundenbeziehungen und eine gute Reputation entwickeln sich durch menschliche Nähe, durch fühlbare Präsenz und Offenheit der Gesprächspartner. Diese Vorteile erlebe ich seit mehr als zehn Jahren und nutzte sie in der Coronazeit auch mit ausgewählten Partnern. Aktuell arbeite ich gemeinsam mit den Helios Kliniken an der Neuauflage des Projektes „6 Köche, 12 Sterne“. Mit einer Kombination aus Präsenz- und virtuellen Treffen wachsen wir als Team zusammen und haben einen engen Austausch. Wir kochten sogar hybrid zusammen: Die Köche versenden die Zutaten per Post, dazu erhalten wir eine detaillierte Anleitung per Videokonferenz. So funktioniert Teambuilding heute.

Darauf wollen nun die Großkonzerne langfristig verzichten und digitalisieren – in diesem Fall eher standardisieren und reglementieren – die zwischenmenschliche Gesprächskultur. Fortschritt trotz aller technologischen Möglichkeiten geht anders.

In einer zukunftsgerichteten Unternehmenskultur schaffen Teamleads ausreichende Möglichkeiten für einen persönlichen Austausch mit direktem Augenkontakt. Das Reisen sollte dabei kein Hinderungsgrund sein. Denn Reisen verbindet. Reisen schafft neue Inspirationsräume. Reisen öffnet (Business-) Horizonte.

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